Nightless nights in Lappland
Im Mai nahm Caroline Pfriender vom Caritasverband für das De- kanat Zollern an einem Study Visit oberhalb des Polarkreises teil. Sie hatte sich im Bereich Erasmus+ für den Aufenthalt in Finnland beworben. Hier berichtet sie von ihrer Studienreise in den hohen Norden Europas.
Die Ausschreibung wandte sich an Sozialarbeitende oder Projektmanager in ländlichen Gebieten Europas. Ziel war es, gemeinsam zu betrachten, wie "ländlich" jeweils definiert wird, was Arbeiten in solchen Gebieten bedeutet. Best-Practice-Beispiele aus Lappland sollten zur Diskussion anregen und wurden durch Job Sha- dowing und Projektplanungseinheiten abgerundet.
Die Gruppe, die sich in Rovaniemi traf, bestand aus 15 Teilnehmenden aus elf Ländern Europas und sechs aus Finnland, die ihre Einrichtungen, ihre Gegend und die dort ansässige Sozialarbeit vorstellten. Nach zwei Arbeits- einheiten wurde die Gruppe aufgeteilt, die Teilnehmenden begaben sich in fol- gende Orte: Rovaniemi, Kolari, Ranua, Kemi, Tornio und Pelkosenniemi.
Unsere Gruppe wählte für ihren Aufenthalt die Gemeinde Kolari aus und wurde im Dorf Äkäslompolo, circa 175 Kilometer oberhalb von Rovaniemi, im Herzen Lapplands untergebracht. Die Gemeinde Kolari ist etwas größer als Luxemburg und hat ungefähr 4.000 Einwohner, die auf 15 Dörfer verteilt leben.
Die Leiterin der Gemeinde für Jugend- und Sportaktivitäten hatte Besuche in ganz unterschiedlichen Einrichtungen vorbereitet. So konnten eine Grund- schule mit Bullerbü-Charakter, eine Se- kundarschule, eine Bücherei, Werkstät- ten für Arbeitslose und Menschen mit psychischen Vermittlungshemmnissen, das Rathaus sowie ein Jugendhaus besichtigt werden. Die Infrastruktur und Angebote in dieser durchaus als sehr ländlich zu bezeichnenden Gegend waren beeindruckend und stellten den kommunalen Zusammenhalt, der an solchen Orten äußerst wichtig ist, gut dar.
Mitarbeitende wie beispielsweise Lehrer*innen, Rektor*innen, Arbeits- erziehende und Sozialarbeitende wie auch Teilnehmende an Maßnahmen und Schulkinder waren den Besucherinnen gegenüber sehr offen und sprachen meist auch Englisch. So konnte ein intensiver Austausch stattfinden. Die Lokalpresse filmte sogar ein kurzes Interview für deren Social-Media- Auftritt. Ein spontaner Besuch über der Grenze in einem schwedischen Supermarkt regte zum Schmunzeln an, da sich auf der schwedischen Seite außer der besagten Einkaufsmöglichkeit im Umkreis von 25 Kilometern keine Dör- fer oder ähnliches befinden. Hier wurde auch die Definition von "ländlich", wie sie in Lappland üblich ist, noch einmal sehr deutlich.
Zurück in Rovaniemi tauschte sich die Gruppe über ihre Erfahrungen aus. Als Erstes wurde darüber gesprochen, wie die Teilnehmenden aus dem Ausland damit umgingen, dass es in Lappland um diese Jahreszeit keine Dunkelheit gibt, sondern nur "Nightless Nights". Die Meinungen hierüber waren sehr gemischt. Manche waren von der Dauerhelligkeit fasziniert, haben die Nächte sehr genossen und viele Fotos mitten in der Nacht gemacht. Andere wiederum empfanden es als sehr störend, nicht den gewohnten Tag-, Nachtrhyth- mus zu haben und konnten nur mit Verdunkelung schlafen.
Kooperation mit einem Rapper
Im beruflichen Zusammenhang war es interessant zu erfahren, dass es in Finnland zum Beispiel Jugendräume direkt in Supermärkten und Einkaufszentren gibt, da diese Bereiche - vor allem an der Grenze zu Schweden - oftmals als Brennpunkte für Drogenkonsum gelten. An einem anderen Ort kooperieren die Sozialarbeitenden mit einem bekannten Rapper, der den Jugendlichen im Rahmen seiner Konzerte von seiner kriminellen Vergangenheit berichtet und nun präventiv tätig ist.
An diesen Austausch schloss sich eine Planungseinheit an, bei der eine erste Konzeption für ein mögliches Projekt erstellt wurde. Ziel eines solchen
Projektes könnte sein, Best-Practice- Beispiele aus verschiedenen Ländern in den Bereichen Digitalisierung, Migration, Fundraising et cetera vorzustellen und zutreffende Anteile in die eigene Arbeit vor Ort zu implementieren.
Nach einer gemeinsamen Auswertung sowie einem Input über Förderprogramme im Bereich Erasmus+ ging es in das Weihnachtsmanndorf von Rovaniemi, eine Audienz bei Santa Claus stand auf dem Programm. Das Weihnachtsmanndorf ist ein Vergnü- gungspark in der finnischen Region Lappland. Die Stadt Rovaniemi gilt als Heimat des Weihnachtsmannes. Dieser interessierte sich sehr für Sozialarbeit und wollte Informationen über die tägliche Arbeit in den verschiedenen Ländern erhalten. Er konnte sich in vielen Sprachen mit der Gruppe unterhalten. Ein gemeinsames Abendessen im Restaurant des Arctic Light Hotel rundete den vielseitigen Aufenthalt in Lappland ab.
Der Aufenthalt in Finnland war sehr inspirierend und es ist geplant, Gelerntes und Gesehenes auch im ländlichen Einzugsgebiet des Dekanats Zollern umzusetzen.
Caroline Pfriender