Wie Ursula Koschak sich den Herausforderungen der Zeit gestellt hat
Ein kleines Mädchen stolziert mit ihren neuen rosafarbenen Turnschuhen aus dem Second-Hand-Laden in Hechingen. "Glücksgriff" heißt er - der Name passt. Kurz zuvor war die Spende einer Firma eingegangen. Darunter fand sich dieses schicke Paar Schuhe, das beim Springen leuchtet. Jetzt hat es einen neue Besitzerin gefunden. Das junge Mädchen aus Syrien kann nun endlich auch am Sportunterricht teilnehmen. Begeistert läuft sie nach Hause. Das sind die Erlebnisse, die Ursula Koschaks Arbeit lohnenswert gemacht haben und ihr noch lange in Erinnerung bleiben. Koschak: "Das ist das, was an dieser Arbeit so viel Spaß macht." Solche Erinnerungen hat Koschak über die Jahre haufenweise gesammelt, beim Vor-Ort-Termin fallen ihr immer weitere Geschichten ein.
Helfer seit Stunde Null
Koschak rückblickend: "Ich habe es immer gerne gemacht." Aber nun heißt es für die Leiterin des Hechinger Tafelladens sowie des Second-Hand-Ladens "Glücksgriff": Abschied nehmen. 17 Jahre lang - seit es die Caritas im Zollernalbkreis gibt - hat Ursula Koschak den Caritasverband mit Herzblut unterstützt. Erst als ehrenamtliche Helferin, ab 2017 dann als Leiterin des Tafel- und Second-Hand-Ladens. Jetzt beginnt für sie ein neuer Lebensabschnitt.Eigentlich ist sie eine "Neigschmeckte", wie sie gesteht. Doch mittlerweile wohnt Ursula Koschak seit 33 Jahren in Hechingen. Ursprünglich stammt sie aus Aachen, die Liebe zog sie her. Ihre drei Kinder wuchsen in Hechingen auf, über die verschiedenen Hechinger Schulen war sie schnell gut vernetzt. Zu dieser Zeit wurden die ersten Tafeln in Berlin eröffnet, und es sei schnell klar gewesen, dass die Menschen auch hier in der Region Hilfe brauchten. So fand die Tafel mit einem Team von etwa 20 ehrenamtlichen Helfern in Hechingen ihren Anfang.Heute sind es doppelt so viele - 40 in der Zahl - und mehr Bedürftige, etwa viermal so viel wie damals und doppelt so viele wie noch vor einem Jahr. 389 Familien werden im Moment von der Hechinger Tafel versorgt. "Das sind etwa 700 Menschen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind."Die emotionale Belastung dieser Arbeit ist nicht zu unterschätzen: "Als wir Nikolausstiefel ausgegeben haben, fanden die Kassiererinnen die Reaktionen der Kinder so rührend, dass sie abgelöst werden mussten." Die Freude der Kinder war herzergreifend, erinnert sich Koschak. "Aber es ist auch anstrengend." In solchen Fällen hilft es ihr, darüber zu sprechen. "Mit dem Erzählen kann man es dann verarbeiten und sich darüber freuen, dass man etwas bewegt hat.
"Große Herausforderungen"
Eine besonders schwierige Zeit war Corona: Tafelläden sollten eigentlich geschlossen werden, in Hechingen konnte das aber verhindert werden. Als Koschak erfuhr, dass die Firma Bentley in Kurzarbeit gegangen war, bat sie das Unternehmen um Hilfe. Die Vertriebler haben Taschen mit Lebensmitteln zu den Bedürftigen nach Hause ausgeliefert, nachdem das Vorbereitungsteam der Tafel diese zusammengestellt hatte. "Fahrpläne mussten erstellt werden", erzählt Koschak. "Das war eine Herausforderung, denn das normale Geschäft lief ja auch weiter." Wie sie es trotzdem geschafft hat, motiviert zu bleiben? "Da bin ich dickköpfig", gibt sie mit einem lauten Lachen zu. "Das hat mir auch Spaß gemacht. Ich bin jemand, der Herausforderungen liebt."Für den Tafelladen hätte sie gerne ein neues Konzept ausprobiert, ausgearbeitet ist es schon. "Aber das darf nun Frau Buck-Vasiliadis übernehmen", sagt Koschak. "Sie muss ja auch noch was zu tun haben."
Erschienen im Schwarzwälder Bote Jessica Müller 18.01.2023