Irgendwie hat jeder die Bilder aus China am Anfang der Corona Pandemie noch im Kopf, als die Menschen halb vermummt noch auf den Straßen unterwegs waren, und die Behörden dort vor Ort mit umfangreichen Maßnahmen versuchten, den Corona Virus und dessen Ausbreitung zu bekämpfen. Man denke nur an die großangelegten Desinfizierungsmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden, Verkehrsmitteln und die Abriegelung von ganzen Stadtteilen und später dann die Fernsehbilder von menschenleeren Straßen. Uns kam das alles noch etwas surreal vor.
Wie wir alle wissen, konnten sie die weltweite Ausbreitung des Virus leider nicht mehr stoppen, und so kam der Tag an dem das Virus Deutschland erreichte und mit ihm weitreichende Folgen.
Die Ankunft des Virus in Deutschland und schließlich auch in unserer Region, sollte unser ganzes Leben völlig auf den Kopf stellen und Funktion und Zusammenhalt unserer Gesellschaft auf eine harte Probe stellen. Das hatte nur noch niemand bei uns so richtig realisiert an diesem Tag.
Während wir uns alle nämlich auf den nahenden Frühling und warme Tage und Aktivitäten in der erwachenden Natur freuten, bahnten sich schon die drastischen Einschränkungen unserer Bundesregierung ihren Weg. Diese Einschränkungen betrafen schließlich alle viel stärker, als wir uns vorstellen konnten: Bundesweite Schulschließungen ab Mitte März, Kontaktverbote, Behördenschließungen, Betriebsschließungen, Veranstaltungsverbote und vieles mehr, das gesamte öffentliche Leben wurde auf ein Minimum reduziert.
Auch wir vom Caritasverband Hechingen, mit seinem Geschäftsführer Elmar Schubert und seinem Team, mussten uns den Einschränkungen stellen und handeln. Einzelne Dienste durften wir nicht mehr anbieten und schließlich haben wir unser Haus nach außen hin geschlossen. Es war für viele nicht einfach mit dieser Situation umzugehen. Ebenso mussten wir den Tafelladen und unseren Second-Hand-Laden "Glücksgriff" schließen.
Besonders die Schließung des Tafelladens in der Hechinger Oberstadt betraf die Menschen die unsere Hilfe in besonderer Weise brauchen.
So kam es aus der Not zur Idee der "Nächstenliebe aus der Tüte". Mit diesem kurzfristig ins Leben gerufene Projekt, wollten wir den Menschen gespendete Lebensmittel als Geschenk direkt kostenlos nach Hause bringen und nach außen hin signalisieren, "wir sind da - wir helfen, gerade jetzt".
Verschiedene regionale Lebensmittelhersteller, Groß- und Einzelhandel wurden kontaktiert und um Lebensmittelspenden für das Hilfsprojekt gebeten. Die Resonanz war groß und die Spendenbereitschaft auch.
Und auch die Nachfrage von anfänglich 10-15 interessierten Haushalten entwickelte sich bis auf mehr als 50 Haushalte, die dann mit den "Nächstenliebe Tüten" wöchentlich beliefert wurden.
Es fanden sich freiwillige Helfer und Fahrer, und schließlich hatte jeder in und um das Caritashaus in Hechingen zum Erfolg des Projekts beigetragen.
Auch das Projekt "Einkaufen für die Altenwohnanlage Graf Eitel-Friedrich" wurde dankbar von den dortigen Bewohnern angenommen und ist jetzt immer noch eine große Hilfe für die Risikogruppe der älteren Mitmenschen dort.
Neu eingerichtet wurde auch eine kostenlose Telefonhotline, "die Gedankenleitung" unter der Nummer 07471 9332-50. Hier steht jeweils am Dienstagvormittag von 9:00 - 11:00 Uhr und am Donnerstagnachmittag von 15:00 - 17:00 Uhr ein Mitarbeiter für 2 Stunden zur Verfügung, mit dem man seine/n Gedanken, Probleme, Anregungen, Ärger und alles Weitere besprechen kann, was einen als Bürger in Hechingen im Alltag bewegt oder bekümmert. Oder man kann sich auch einfach mal etwas von dem Mitarbeiter erzählen lassen. Wirklich jeder darf hier anrufen. Alle Anliegen werden streng vertraulich behandelt. Wer indes unter starker psychischer Belastung leidet, sollte sich jedoch an die Hotline der psychosozialen Beratung wenden.
Natürlich wurde während der strengen Kontaktverbotszeit auch versucht, den Kontakt zu den Klienten auf anderem Weg z.B. telefonisch oder per E-Mail zu halten. Manche Klienten wurden auch direkt nach Hause mit Arbeitsmaterialien versorgt, beispielsweise mit Material für einen Deutschkurs. Wir haben versucht zu reagieren, zu helfen, so gut es eben ging.
Zaghaft starten jetzt auch erste Versuche, unsere Beratungstätigkeiten unter Einhaltung der behördlichen Auflagen wiederaufzunehmen. Dafür haben wir einen Raum entsprechend den Vorschriften eingerichtet. Wir warten hoffnungsvoll ab, wie sich diese Möglichkeit entwickelt.
Gutmensch, Jemand, der Menschlichkeit pflegt: "Sei gut Mensch!", das Motto und der Aufruf der Jahreskampagne 2020 unseres Verbandes. Wie ich (wir) im Rückblick denke(n), sollte es nicht nur das Motto von 2020 sein, sondern nachhaltig verankert bleiben in unserer Handlungsweise. Wir werden uns wohl auch zukünftig alternative Konzepte überlegen müssen um handlungsfähig zu sein und zu bleiben. Die Menschen "draußen" brauchen das! Wohin dann die "Reise" schließlich geht und wann oder ob das Leben wieder so stattfindet wie vor der Corona Pandemie, weiß auch heute niemand so recht. Trotz zahlreicher Lockerungen der Auflagen.
Wir fühlen uns vielleicht ein bisschen so, wie damals die Jünger Jesu vor dessen Himmelfahrt. Ein wenig ratlos, etwas verunsichert und vielleicht auch ein klein wenig resigniert: "Wie soll es nur weitergehen, schaffen wir das alles, warum musste uns das treffen….". Viele Fragen auf die wir wahrscheinlich nicht immer eine Antwort finden werden. Jedoch die Möglichkeit etwas anzupacken, zu gestalten und zu bewegen. Den "Geist" des Aufbruchs von Pfingsten mitnehmen. Die Möglichkeiten sind so vielfältig wie unsere Ideen. Auf die Umsetzung kommt es an, auf das Anpacken und dann weiterentwickeln. So konnte sich damals, vor jetzt mehr als 2000 Jahren, das Christentum durchsetzen und schließlich die Frohe Botschaft und die Nächstenliebe weltweit verkündet werden. Weil angepackt und nicht resigniert wurde. So auch Martin Luther mit seinem Spruch "Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen".
Lasst uns viele Apfelbäumchen pflanzen, jedes nach seiner Art. Es wird gut werden….