Es sind spontane Schnappschüsse voller Witz und Unvollkommenheit, aber auch ernsthafte, konzentrierte Momentaufnahmen, die der Caritasverband für das Dekanat Zollern gemeinsam mit dem Haus Nazareth der Öffentlichkeit in der einwöchigen Ausstellung "Hechingen - Unsere Heimat?!" präsentiert. Die Vernissage erfolgte am Montag, und zahlreiche Gäste hatten sich im Hechinger Caritas-Haus eingefunden, um die Bilder zu begutachteten, die die neun Jungen während ihrer Teilnahme am Fotoprojekt angefertigt hatten.
Gedanken der jungen Heimatlosen in Fotografien
Die Aktion fand im Rahmen der Interkulturellen Woche 2019 statt, die gerade bis Freitag, 29. September, im ganzen Zollernalbkreis veranstaltet wird. Und so öffnet auch das Caritas-Haus in Hechingen nun täglich seine Türen, um den Besuchern Einblicke in die fotografischen Gedanken der Heimatlosen zu geben. Diese Entwurzelten sind zum einen Teil Flüchtlinge, zum anderen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, die schon lange in Hechingen leben. Ihre Bilder zeigen laut Elmar Schubert, Geschäftsführer des Caritasverbands für das Dekanat Zollern, "ein charmantes Hechingen", wo im Team zusammengearbeitet wird, die Freiheit spürbar sei und der Einzelne viele Möglichkeiten habe, etwas zu tun und in Hechingen zu entdecken.
Sogar bei Regen auf Entdeckungstour mit der Kamera
Dafür waren die Kinder und Jugendlichen mit der Balinger Fotografin Laura Ramalho, die das Projekt leitete, vielfach unterwegs auf Erkundungstour - sogar bei Regen am Zeller Horn in Hechingen. Zunächst zeigte sie den Teilnehmern ohne jegliche Grundkenntnisse, wie man mit einer Spiegelreflexkamera und - natürlich auch - mit einem Smartphone gute Bilder machen kann. Schon am ersten Tag wurde ausprobiert. Und so war Ramalho einigermaßen angenehm überrascht und sogar begeistert, als ein Projektteilnehmer, der bei ihrem Vortrag zunächst etwas unkonzentriert gewirkt hatte, anschließend bei der Porträtfotografie "den besten Moment seines Freundes" einfing.
Jugendzentrum beliebt, verwahrloste Häuser nicht
Jeder Teilnehmer bekam nun auch ein Fotobuch, das durch die finanzielle Förderung der Robert-Bosch-Stiftung ermöglicht wurde. Darin haben die Kinder und Jugendlichen das festgehalten, was ihnen während des Projekts so vor die Linse kam, was ihnen an Hechingen gefällt oder auch nicht. Ein sehr beliebter Ort ist zum Beispiel das Jugendzentrum in der Oberstadt, erzählt Laural Ramalho. Die teilweise verwahrlosten, kaputten Häuser in der Stadt finden die Jugendlichen hingegen nicht so gut. Manche leben in ihnen und schämen sich dafür. Nur ein einziger Teilnehmer habe sich selbstbewusst in seinem eigenen "Reich" ablichten lassen, betont Ramalho.
Fotobuch soll anspornen, Glück in Hechingen zu schmieden
"Sie gehören jetzt hierher", appellierte Schubert an alle. Dass Hechingen für sie zu einem Zuhause wird, "liegt auch an uns", fand er. "Manchmal ist sicher ein Heimweh in den Herzen der Jugendlichen", vermutete er. Aber: "Wir brauchen euch", so Schubert. Das Fotobuch, das den Jugendlichen danach überreicht wurde, solle diese "anspornen", ihr "Glück hier zu schmieden".
Heimat? "Da, wo mein Herz ist"
"Manche fühlen sich sehr verwurzelt, manche nicht", weiß Laura Ramalho. Projektteilnehmer Mustafa (17), ursprünglich aus dem Sudan, ist zum Beispiel fasziniert von Hechingen. Er mag die wunderschöne Natur, die Burg Hohenzollern und die freundlichen Hechinger. Drei Jahre hat er in Boll gelebt und wohnt nun in Tübingen. Das findet er nicht unbedingt besser, aber er hat dort eine Ausbildungsstelle als Krankenpfleger beim Universitätsklinikum Tübingen gefunden - und das ist ja schließlich auch etwas ganz Wichtiges. Was bedeutet Heimat für ihn? "Da, wo mein Herz ist, und wo ich mich wohl fühle", sagt der 17-Jährige.